Marcel Proust • Die Welt der Guermantes I

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit 3

erschienen 1920
***

Die Proust sind umgezogen und wohnen nun in einem Neubau beim Stadtpalais der Guermantes. 
Das gibt Marcel die Möglichkeit die Herzogin Oriane de Guermantes zu stalken.
- Theater, Kleidung, Meeresgötter - 
Endlich kann er sich aufraffen und besucht seinen Freund Robert de Saint-Loup in der Garnison. Das soldatische Leben und die Geschichten der Kameraden von Saint-Loup machen Eindruck auf ihn und so verbringt eine Zeit dort.
- Schlaf und Träume - 
- Liebe und Schweigen -
- telefonieren und das Fräulein vom Amt -
Er lernt Saint-Loups Mätresse kennen und stellt erschrocken fest, dass er ihr bereits begegnet ist.
Besuch im Salon von Madame de Villeparisis. - Klatsch, Tratsch, Politik - 
Die Großmutter wird krank. - Medizin -



Mit der angeblichen Sensibilität der Nervösen nimmt ihr Egoismus zu... 

Das Fernerliegende kann uns vertrauter sein als das Nahe.

... die doppelt erschöpft sind, sobald man ihnen sagt, sie seien sicher müde. 

Wir leben in der einen Welt, wir denken und benennen in einer anderen und können zwischen den beiden zwar eine gewisse Übereinstimmung herstellen, doch die Kluft nicht wirklich überbrücken.

... denn damals stellte ich mir noch vor, dass man die Wahrheit an andere durch Worte weitergibt. 
... dass eine Wahrheit nicht ausgesprochen werden muss, um dennoch ruchbar zu werden. 

... mit dem achtlosen Schwung eines Menschen, der, da er aufgehört hat, über Entschlüsse nachzudenken, aussieht, als wisse er, was er will... 

Was man am Tage vielleicht getan hätte, führt man tatsächlich manchmal, wenn man eingeschlafen ist, nur im Traume aus, das heißt nach der Wendung zum Schlaf auf einem anderen Weg, als wenn man wach gewesen wäre. Die gleiche Geschichte läuft noch einmal ab mit einem anderen Schluss. 

Man erkennt nicht, was die Wahl bestimmt und weshalb man unter der Millionenzahl von menschlichen Wesen, die man sein könnte, ausgerechnet nach dem greift, das man am Abend vorher gewesen ist. 

Was die Erde trug, ist nicht mehr auf ihr, sondern unter ihr... 

Ich sagte mir, dass es aus den schlimmsten Leiden noch eine Zuflucht gibt, dass man immer, wenn nichts Besseres, so doch Ruhe finden kann. 

Doch eine Erinnerung, ein Kummer sind überaus flüchtig von Natur. An manchen Tagen entfernen sie sich so weit, wir bemerken sie so wenig noch, dass wir sie entschwunden glauben. Dann sind wir für andere Dinge frei. ....
Wenn eine Erinnerung, ein Kummer uns zuweilen so sehr verlassen können, dass wir sie nicht mehr bemerken, so kehren sie doch auch wieder zurück und lassen uns lange nicht los. 

... das, was man von dem Einfluss des Milieus behauptet, gilt in besonderem Maße für das geistige Milieu. Man ist der Mann einer bestimmten Idee; es gibt viel weniger Ideen als Menschen, und daher gleiche sich alle, die ein und derselben Idee hörig sind. 

Man legt Schweigen gern als Stärke aus, in einem ganz anderen Sinne stellt es sogar eine furchtbare macht in den Händen derjenigen, die geliebt werden, dar. Es steigert die Angst des Wartenden.  ... welche unüberschreitbarere Barriere gibt es als das Schweigen? ... Schlimmer übrigens als das Schweigen im Kerker, kann ein solches Schweigen selbst zum Kerker werden. 

Und da die Gewohnheit von allen Gewächsen innerhalb der menschlichen Natur am wenigsten Nährboden braucht, um am Leben zu bleiben, und sich als erste auf dem scheinbar trostlosesten Felsen ansiedelt... 

eine Empfindung aus vergangenen Jahren
herablassende Liebenswürdigkeit
die Wüste endlosen Schweigens
der Unmut des Gehorchens
das Fieber der Auflehnung 
die Welt der Zeit
die Idee der Bosheit
das Bedürfnis zu träumen
das Verlangen glücklich zu sein
schwerfällige Bildungsfülle
sonderlingshafte geistige Haltung
widerspenstig wie Kapuzinerkresse
der Dämon einer schlechten Erziehung
Gefühlsathletik
hysterischer Schmeichler
völliges Nichtvorhandensein

seine seelische Erregung sich in völliger Regungslosigkeit seines Äußeren zeigte

eine gewisse Ermüdung und Gereiztheit, die sehr bald zur Abneigung wird

eine Dosis Ernst, deren eine ausschließlich oberflächliche Person gar nicht fähig wäre

Wir sind unausgesetzt darum bemüht, unser Leben zu gestalten, kopieren dabei aber unwillkürlich immer nur wie auf einer Zeichnung die Züge der Person, die wir sind, und nicht derjenigen, die wir gern sein möchten. 

Da wir nämlich, was wir empfinden, stets zu verbergen trachten, haben wir auch nicht daran gedacht, wie wir es gegebenenfalls dennoch äußern würden. 

... dies Sichausschweigen über tiefgründige Dinge, deren Zursprachekommen man unaufhörlich vergebens erwartet...

Unter Geist verstand ich eine mit Worten nicht ausdrückbare, goldene, von Waldesfrische durchströmte Wundergabe. 

Es ist einfach eine Frage der Intelligenz, dass man die Wahl von Liebenden gar nicht erst diskutiert. 

Wahre Schönheit aber ist so eigenartig und so neu, dass man sie nicht als Schönheit erkennt. 

die wenig untersuchten Beziehungen zwischen Güte und Grausamkeit 

Doch als er nicht mehr verrückt war, wurde er einfach dumm.

Aber Mitleid von unserem Körper zu verlangen ist, als wollten wir mit einem Tintenfisch eine Gespräch eröffnen... 

virulenter als alle Mikroben ist die Idee der Krankheit

Die Neurose ist eine Meisterfälscherin. Es gibt keine Krankheit, die sie nicht zu kopieren versteht. 

Dieses Freuden selbst aber sind eine mächtige Arznei, die mächtigste von allen vielleicht, die es gibt.

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