Tugenden - Kräfte - Virtutes
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Marta Dettlaff - Ordo Virtutum |
Die Tugenden (von altgriech. areté = Bestzustand) wurden bereits in der Antike festgelegt.
Sie sind ein ethischer Wegweiser zu einem bestmöglichen Charakter, der besonders bei den Griechen als erstrebenswert galt.
Sie sind ein ethischer Wegweiser zu einem bestmöglichen Charakter, der besonders bei den Griechen als erstrebenswert galt.
Es handelt sich dabei um Ideen oder, wie Hildegard von Bingen formuliert, um Kräfte.
Sie sind der Mittelweg zwischen den "Fehlern" - denn ein zu viel ist weder bei Tugenden noch bei Lastern sinnvoll.
Es gibt diverse Listen und Zuordnungen - je nachdem welcher Zweck mit diesem "Regelwerk" erreicht werden sollte.
Vernunft - Geist - Klugheit
Mut - Seele - Tapferkeit
Begierde - Körper - Mäßigung
Das Evangelium nach Philippos
(Text aus Nag Hammadi):
Solange nämlich die Wurzel des Bösen verborgen ist, ist sie stark.... Ausgerissen aber wird sie, wenn wir sie erkennen. Wenn wir sie aber nicht erkennen, stößt sie in uns Wurzeln hinab und bringt ihre Frucht in unserem Herzen hervor. Dann ist sie der Herr über uns, und wir sind der Knecht. Sie nimmt uns gefangen, dass wir tun, was wir nicht wollen, und was wir wollen, tun wir nicht.
Platon - Kardinaltugenden
- prudens - Klugheit/Weisheit
- temperantia - Mäßigung, Besonnenheit
- fortitudo - Tapferkeit
- iustitia - Gerechtigkeit
römische Tugenden
- virtus - Tapferkeit, Kraft, Männlichkeit, militärische Tugend (persönlicher Mut, Disziplin, Gehorsamkeit, körperliche Leistungsfähigkeit, Ausdauer)
- pietas - Frömmigkeit, Religiosität, Pflichten gegenüber Göttern, Staat und Familie
- fides - Treueverhältnis zwischen Patron und Klient (Adel und Bürger)
- iustitia - Gerechtigkeit
- aequitas- Gleichheit, Gleichmut, Gelassenheit; ausgleichende Gerechtigkeit
- humanitas - Menschlichkeit, sittliche und geistige Bildung
- libertas - Freiheit (Voraussetzung für die Rechtfähigkeit)
- pax - Frieden
- modestia - Bescheidenheit
ritterliche Tugenden
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Giambologna: Tugend, das Laster bezwingend Museum Braunschweig |
- Demut
- Güte - Freundlichkeit
- Höfischkeit - Höflichkeit
- Mannheit - Tapferkeit
- Milde - Großzügigkeit, Freigiebigkeit
- Treue
- Ehre - Würde, ritterliches Ansehen
- Hoher Mut - seelische Hochstimmung
- Maß - maßvolles Leben, Zurückhaltung
- Minne - dienstbare, hingebungsvolle Liebe
- Beständigkeit, Festigkeit
- Würde
- Zucht - gute Erziehung, Anstand
christliche Tugenden
- fides - Glaube
- caritas - Liebe, Nächstenliebe
- spes - Hoffnung
- die 4 Kardinaltugenden
- perseverantia - Beharrlichkeit (nach Luther)
himmlische Tugenden
nach Prudentius "Psychomachia" als Gegensatzpaare von Tugend und Laster
- humilitas Demut - superbia Hochmut
- caritas Mildtätigkeit - avaritia Habgier
- castitas Keuschheit - luxuria Wollust
- patientia Geduld - ira Zorn
- temperantia Mäßigung - gula Völlerei
- humanitas Wohlwollen - invidia Neid
- industria Fleiß - acedia Faulheit
Laster-Tugend-Paare nach Hildegard von Bingen
Akteure im Singspiel "Ordo Virtutum" = Spiel der Kräfte
- Amor saeculi (Weltliche Liebe) ↔ Amor coelestis (Himmlische Liebe)
- Petulantia (Ausgelassenheit, Frechheit) ↔ Disciplina (Disziplin)
- Ioculatix (Vergnügungssucht) ↔ Verecundia (Zurückhaltung, Ehrfurcht)
- Obduratio (Verhärtung) ↔ Misercodia (Barmherzigkeit)
- Ignavia (Feigheit)↔ Divina Victoria (Sieg Gottes)
- Ira (Zorn) ↔ Patientia (Geduld)
- Inepta laetitiae (törichte Freude) ↔ Gemitus ad deum (Sehnsucht nach Gott)
- Ingluvies ventri (Völlerei) ↔ Abstinentia (Enthaltsamkeit)
- Acerbitas (Engherzigkeit, Bitterkeit) ↔ Vera Largitas (wahre Freigebigkeit)
- Impietas (Gottlosigkeit) ↔ Pietas (Frömmigkeit)
- Fallacitas (Lüge, Falschheit) ↔ Veritas (Wahrheit)
- Contentio (Streit) ↔ Pax (Friede)
- Infelicitas (Schwermut) ↔ Beatitudo (Seligkeit)
- Immoderatio (Maßlosigkeit) ↔ Disiretio (Maß, Unterscheidung)
- Periditio animarum (Verdammnis der Seelen) ↔ Salvatio animarum (Seelenheil, Erlösung)
- Superbia (Hochmut) ↔ Humilitas (Demut)
- Invidia (Neid) ↔ Caritas (Liebe)
- Inanis Gloria (eitle Ruhmessucht) ↔ Timor Domini (Gottesfurcht)
- Inoboedientia (Ungehorsam) ↔ Oboedientia (Gehorsam)
- Infidelitas (Unglaube, Untreue) ↔ Fides (Glaube, Treue)
- Desperatio (Verzweiflung) ↔ Spes (Hoffnung)
- Luxuria (Wollust) ↔ Castitas (Keuchheit)
- Iniustitia (Ungerechtigkeit) ↔ Iustitia (Gerechtigkeit)
- Torpor (Stumpfsinn) ↔ Fortidudo (Tapferkeit)
- Oblivio (Gottvergessenheit) ↔ Sanctitas (Heiligkeit)
- Inconstantia (Unbeständigkeit) ↔ Constantia (Beständigkeit, Standhaftigkeit)
- Cura terrenorum (irdische Sorge) ↔ Caeleste desiderium (himmlische Sehnsucht)
- Obstinatio (Verschlossenheit) ↔ Compunctio cordis (Herzenszerknirschung)
- Cupiditas (Habsucht, Begierde) ↔ Contemptus mundi (Weltverachtung)
- Discordia (Zwietracht) ↔ Concordia (Eintracht)
- Scurrilitas (Spottsucht) ↔ Reverentias (Ehrfurcht)
- Vagatio (Umherschweifen) ↔ Stabilitas (Stetigkeit, Beständigkeit)
- Maleficium (üble Tat, Zauberei) ↔ Verus Cultus Dei (Gottes Dienst)
- Avaritia (Geiz) ↔ Sufficientia (Genügsamkeit, Zufriedenheit)
- Tristitia saeculi (Weltschmerz) ↔ Coeleste gaudium (Himmlische Freude)
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Johfra Bosschart - Der Kampf zwischen Gut und Böse |
heutige Tugenden sind z.B.:
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Christian Moser: Monster des Alltags |
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