E. Meier - Mein Wald

Mein Wald, mein Leben


Ich sah den Wald im Sonnenglanz,
vom Abendrot beleuchtet,
belebt von düster Nebel Tanz,
vom Morgentau befeuchtet: 
Stets bliebe er ernst, stets blieb er schön,
und stets mußt' ich ihn lieben. 
Die Freud´an ihm bleibt mir besteh'n,
die andern all zerstieben.


Ich sah den Wald im Sturmgebraus,
vom Nord dahingeschlachtet; 
und lieben mußt' ich ihn noch mehr,
ihn meiden könnt' ich nimmer. 
Schön ist er, düsterschön und hehr, 
und Heimat bleibt er immer. 



Ich sah mit hellen Augen ihn, 
und auch mit tränenvollen; 
bald hob er meinen frohen Sinne, 
bald sänftigt er mein Grollen. 
In Sommersglut, in Winterfrost, 
konnt' er mir mehr nicht geben, 
so gab er meinem Herzen Trost; 
und drum: Mein Wald, mein Leben! 


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Emerenz Meier (1874-1928)

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gefunden in dem Buch "Waldmedizin" von A. Thumm und M. Kettenring

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